Trekking in Langtang Teil I

17.5. Kathmandu nach Syabru Besi/Briddhim
Der Langtang Nationalpark befindet sich nördlich von Kathmandu, Flugzeit mit dem Helikopter knapp 20 Minuten, mit dem Bus neun Stunden für 120 km. Die Straße ist legendär für ihren prekären Zustand und führt bis an die Grenze zu Tibet. Der Bus steigt über Stunden bis 1500 m über dem Tal. Die steilen, aber fruchtbaren Hänge werden durchgängig bewirtschaftet und der Bus füllt sich zunehmend mit Einheimischen, Hühnern und Ziegen (letztere müssen mit dem Gepäckfach vorlieb nehmen). In der Kabine des Busfahrers drängen sich zeitweise bis zu zehn Personen. Ich achte darauf bei den Erschütterungen und dem Geschaukel im Bus keine Verletzungen davon zu tragen und klammere mich an dem Stahlgestänge fest, das zu diesem Zweck installiert wurde.

Als wir nach neun Stunden endlich am Ziel sind will ich mir eine Unterkunft im alten Ortsteil suchen, nur um festzustellen, dass dieser nach Felsstürzen vor einigen Monaten komplett aufgegeben wurde, inklusive der neuen, erst nach dem Erdbeben 2015 errichteten Guesthouses. Das Tal mit seiner tibetischen Tamang Bevölkerung war 2015 besonders stark vom Erdbeben betroffen. Kurz entschlossen wandere ich los und werde nach einer Stunde von einer geschäftstüchtigen Guesthouse Besitzerin aufgefordert Quartier zu nehmen, ich bin der einzige Gast. Die Unterkünfte und Verpflegung im Tal sind bescheiden, was nicht selbst angebaut wird muss seit jeh her mit Eseln oder Trägern über die steilen Pfade transportiert werden und ist entsprechend teuer.

18.5. Briddhim nach Gumnachok
Am nächsten Morgen sitzt meine Gastgeberin in einen kleinen Webstuhl geschnallt und fertigt einen bezaubernden tibetischen Gürtel, mit dem Verkauf des Kunsthandwerks finanziert sie die Schulgebühren ihrer drei Kinder. Ich erwerbe zwei Gürtel und eine grell farbige Umhängetasche. Nach wenigen Kilometern Weg stoße ich auf eine große Baustelle, ein Wasserkraftwerk im Nationalpark, ab hier gibt es nur noch steil ansteigende Pfade, der mächtige Langtang Khola Fluss fließt nicht, sondern fällt das enge Tal hinunter, auf 30 km steigt das Tal von 1400 auf 3800 m Höhe.

Der erste richtige Wandertag führt durch üppige subtropische Vegetation, die Orte auf dem Weg heißen Bamboo, Rimche und Lama Hotel und laden zu Teepausen und Mittagessen ein. Nach 1000 m Anstieg übernachte ich wieder als einziger Gast in einem einsam gelegenen Guesthouse, Dusche gibt es keine, was soll’s, ist ja erst der zweite Tag ohne. Die restlichen Stunden Tageslicht verbringe ich mit Naturbeobachtungen im knorrigen Rhododendronwald.

19.5. Gumnachok nach Kyanjin Gompa

Eigentlich sind für den Aufstieg nach Kyanjin drei Tagesetappen vorgesehen, ich fühle mich fit und motiviert und wandere die ganze Reststrecke, 1400 m Aufstieg bis zum Ende des Tales. Die Vegetation ändert sich, nach den Rhododendrenwäldern wird es zunehmend karger und felsiger. Nach den Tamangdörfern Thangshyap, Chyamki und Gumba gelange ich nach Langtang. Vor dem neu erbauten Dorf befindet sich eine große, mit Geröll bedeckte Fläche, beim zweiten Erdbeben 2015 brach vom Berg Langtang über dem Dorf ein Gletscher ab und verursachte eine gewaltige Lawine, das alte Dorf wurde unter 30 m Eis, Erde und Felsen begraben, im gesamten Tal starben über 350 Menschen, Einheimische, aber auch Touristen. Als ich das unheimliche Geröllfeld überquere nehme ich am Rand eine alte, traditionell gekleidete Frau wahr, unter einem Arm hält sie ein Totem, vielleicht ein Tierschädel, die Finger ihrer freien Hand befühlen die Perlen einer Gebetskette, dabei betet und weint sie zugleich. Die gesamte Fläche ist ein großer Friedhof, die Leichen der Verschütteten konnten nie geborgen werden. Das neue Langtang wurde direkt daneben wieder aufgebaut.

Obwohl die Menschen die Einnahmen sicher gut gebrauchen können, kann ich dort nicht bleiben, die Begegnung mit der Frau wirkt noch lange nach. Die Menschen in den kleinen Dörfern nach Langtang, Mundu und Sindum betreiben überwiegend Viehwirtschaft, ich probiere Joghurt aus Yakmilch und erreiche zwei langsame Stunden später Kyanjin. Auch hier besteht der Ort überwiegend aus großen, neu aus Beton errichteten Guesthouses, daneben gibt es aber auch eine Käserei mit 24 Monate gereiftem Yakkäse und eine Bäckerei mit leckeren Kuchen.

20.5. Kyanjin Gompa
Die karge Landschaft um Kyanjin wird von hohen Bergen eingerahmt, leider werden die Gipfel meist von Wolken verdeckt. Früh am Morgen will ich mit einem französischen Pärchen auf den Hausberg Kyanjin Ri, aber der ganze Ort ist in dichten Nebel gehüllt. Als um die Mittagszeit die Sonne durchbricht, gehe ich alleine auf die zwei 4300 und 4600 m hohen Gipfel, es bieten sich beeindruckende Blicke auf Gletscher, aber der unheilvolle, über 7200 m hohe Langtang Lirung bleibt verborgen. Es ist kälter als am Vortag und windig.