Abenteuer Pakistan
Die Landgrenze bei Rimdan ist nur ohne Vehikel passierbar, meine Freunde auf ihren Motorrädern mussten nördlich über Zahedan/Taftan ausreisen und dann tagelang eine Polizeieskorte auf sich nehmen. Die Schweizerin hingegen ist etwa eine Woche vor mir über Rimdan nach Pakistan eingereist, hatte aber einige Schwierigkeiten weil sie auf pakistanischer Seite übernachtet hat und Aufenthalte in der pakistanischen Provinz Belutschistan für Ausländer untersagt sind. Dank dieser Informationen und der Hilfe eines pakistanischen Couchsurfing Mitglieds, der mir einen Fahrer organisiert, kann es losgehen. Frühmorgens, am 28.12. fährt mich der Bruder meines Gastgebers in Chabahar zum Klang von Koran Rezitationen zur iranischen Grenze. Wenige Tage vorher hat Iran übrigens die erneute Schließung seiner Grenzen wegen Omicron verkündet. Der Grenzübertritt ist unkompliziert, Impfnachweis oder PCR Test interessieren nicht, meine Religionszugehörigkeit schon eher. Mein Fahrer wartet bereits auf der pakistanischen Seite, ein ernster, schweigsamer Typ ohne Englischkenntnisse und unsere stille zehnstündige Fahrt auf dem Makran Coastal Highway quer durch Belutschistan nach Karatschi beginnt. Kurz nach der Grenze stoppen wir einen Moment, um den pakistanischen Couchsurfer zu treffen und ich kann mich für seine Hilfe bedanken.
Entlang der Straße gibt es kaum Siedlungen, dafür umso mehr militärische Befestigungen.
Auf halber Strecke durchqueren wir den Hingol Nationalpark, der mit mit seinen spektakulären Felsformationen und Schluchten ähnlich beeindruckend wie der Grand Canyon in den USA, aber touristisch völlig unerschlossen ist. Wir passieren ebenso leere, unendlich scheinende Strände und begegnen den berühmten pakistanischen LKW, psychedelisch ausstaffierten und schreiend bunt bemalten Kunstwerken auf Rädern.
Es ist schon lange dunkel, als wir endlich Karatschi erreichen und ein unbeschreibliches Verkehrschaos beginnt. Mehrere parallele Strecken führen von Norden in die Stadt, auf unserer scheint es keine Regeln und vorgegebene Richtungen oder Spuren zu geben, LKW, PKW, Motorrad-Rikschas und eine Unzahl von Motorrädern, oft mit ganzen Familien bestückt, schiessen in jede Lücke die sich auftut. Die Umrisse von Bussen schieben sich vorbei, auf den Dächern kauern Menschen. Ein nicht auflösbares Knäuel entsteht, besonders wagemutige verlassen die Straße, versuchen durch Gräben und Gelände zu einer der benachbarten Straßen zu gelangen. Ich bin nach der langen Fahrt erschöpft und überfordert, nur mein stiller Fahrer bleibt stoisch und schnüffelt nur, wie schon den ganzen Tag über, an einer Plastikflasche, die mit einer bräunlichen, intensiv- aber wohlriechenden Flüssigkeit gefüllt ist.